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Abschied

Der 30. August 2017. An diesem Tag bekamen wir die Bestätigung für unsere Flugtickets zurück nach Deutschland. Am 23. Juni 2018 sollten wir unser Heimatland nach fast einem Jahr wieder erreichen. Zu diesem Zeitpunkt lag noch so viel vor uns und so vieles offen. Heute ist nun der letzte Tag in Malaysia. Zeit für eine kleine Reflexion.

Als hätte Penang gewusst, dass fünf zeitweilige Bewohner die Stadt endgültig verlassen würde, zeigte sich das Wetter nicht von seiner besten Seite. Heftige Regenschauer erinnerten mich an die Regenzeit bei meiner Ankunft. Schon elf Monate her. Von meiner Gastfamilie zurück wusste ich, dass mit diesem Montag die letzte Woche abgebrochen war und ich am Freitag in das Flugzeug steigen würde. Ich wusste es zwar aber begreifen konnte und kann ich es nicht bis jetzt.

Der Montag fühlte sich auch nicht anders an, als vergangene Starts in die Woche. Ganz normal am arbeiten versuchte ich meinen Alltag aufrecht zu erhalten und nicht schon in Melancholie zu verfallen. Das funktionierte eigentlich auch sehr gut und ich fokussierte mich bei meiner Arbeit auf die letzten beiden Projekte, die ich vor meiner Abreise beenden wollte. Das dies mit viel Absprache und kleineren Missverständnissen verbunden war, war mir klar, doch manchmal werden Sachen dadurch auch verkompliziert. So musste ich unbedingt mit zwei Personen sprechen, die für die Leitung verantwortlich waren, aber keine Zeit dafür hatten. Wahrscheinlich habe ich in dieser Woche so oft das Office gestört wie selten zuvor. Doch Projekt 1 konnte ich dann mittwochs abschließen. Unter www.penangcheshirehome.org habe ich ein neues Design der Website durchsetzen können und habe so etwas Öffentlichkeitsarbeit für mein Projekt geleistet.

Person Nummer zwei war allerdings schwerer zu erreichen. Der Präsident unseres Homes war zu beschäftigt und das mit über 80. So hatten wir einen Termin mittwochs um 10 Uhr vereinbart. Schlussendlich konnten wir am gleichen Tag um 16:45 Uhr starten. Glücklicherweise klappte alles und ich konnte über den Abend Projekt 2 auch noch abschließen. Das Resultat ist am Ende des Beitrags zu sehen.

Der Donnerstag bestand dann aus Verabschiedung, Packen und vielen kleinen weiteren Dingen. Ganz viele Gesichter würde ich nicht mehr freitags sehen. So war dieser Tag nicht mehr wirklich ein Arbeitstag sondern eher ein Tag als Besucher. Als ich mich den Abend zuvor schon aus unserem Fitnessstudio abgemeldet hatte war so eine Mischung aus Freude und Schmerz zu fühlen. Jetzt bei meinen Day-Care-Bewohnern intensivierte sich das. Natürlich entwickelt man das Jahr über zu manchen Bewohnern eine bessere Beziehungen als zu anderen, aber ich würde nicht sagen, dass es einen der fünfzig Bewohner gab, der mich nicht leiden konnte. Die vielen Gesichter, die mir vor gut einem Jahr noch fremd waren. Nun vertraut und mehr als nur Gesichter. Doch der Van wartete bereits und mit der Zusage Kontakt zu halten und einem gemeinsamen Foto war der erste Teil des Abschieds vorbei.

Neben guten Erinnerungen in Fotoformat wollte ich auch noch anders Eindruck hinterlassen. Aus Deutschland hatte ich Grünkern mitgebracht, um während des Jahres eine lokale Spezialität daraus zu kochen. Das Prokrastinationstalent wie ich eines bin hatte es aber geschafft, bis zum letzten kompletten Tag diese besondere Kornart zuzubereiten. Also stand ich, statt Koffer zu packen, in der Küche und machte Grünkernküchlein. Ich sollte hier wohl erwähnen, dass es für mich eine Premiere darstellen sollte. Mit den Küchenutensilien unserer Küche und dem Rezept versuchte ich nach zu kochen, was ich schon so oft in Deutschland gegessen habe. Überraschenderweise gelang mir das sogar erstaunlich gut und ich war mit dem Ergebnis zufrieden. Während ich schon gekocht hatte, waren immer wieder neugierige Blicke in meine Richtung zu spüren gewesen. Ausgestattet mit gut 15 Küchlein ging ich durch das Home und ließ jeden probieren. Vielleicht waren alle nur höflich oder wollten mir am letzten Tag ein Kompliment machen, doch jeder fand den vegetarischen Snack super. Für mich war das nochmal ein unvergesslicher Moment.

Da mein Koffer schon fast fertig gepackt war und wir den letzten Abend nochmal zusammen verbringen wollten trafen wir Freiwilligen uns zur Meditation. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das in meinem Blog erwähnt hatte: In den ersten Monaten gingen wir regelmäßig zu einer buddhistischen Meditation. Irgendwie im Laufe der Zeit waren wir jedoch nicht mehr dazu gekommen uns auf eine Meditation einzulassen. So kamen wir wieder nach gut acht Monaten in den Raum, in dem gut 150 Menschen gemeinsam meditieren und über Buddhismus reden. Das Thema war an diesem Tag interessanterweise „Loslassen“. Wie passend. Auch wenn wieder viel in Hokkien geredet wurde, hatte ich bei der Meditation Zeit darüber nachzudenken. Im Anschluss gingen wir ein letztes Mal zum food hawker und aßen Sate. Doch dann war auch der letzte Abend vorbei.

Da unser Flug erst um 23:20 Uhr ging könnte man meinen, dass wir an diesem Tag noch genug Zeit hatten, doch wir mussten schon um 9 Uhr morgens den Bus zum Flughafen nehmen. AFS hatte darauf bestanden einen Direktbus zum Flughafen zu organisieren und so musste ich statt 12 Uhr um 7 Uhr das Home verlassen. Zu dieser Zeit ist die morgendliche Ruhe noch vorhanden und so war ich derjenige, der sie heute vertreiben musste. Obwohl ich mich abends schon von allen Bewohnern verabschiedet hatte ließ ich mir es nicht nehmen nochmals persönlich mit einigen zu sprechen. Ich muss niemand erzählen wie es sich anfühlt „Leb wohl“ zu einer Person zu sagen, mit der man das vergangene Jahr so gut wie jeden Tag verbracht hat. Auch wenn alle einen immer wieder ermutigen wieder vorbeizukommen wird es für einige trotzdem das letzte Mal sein, dass ich sie sehe.

Auf dem Festland an der Bushaltestelle angekommen war der finale Abschied. Salinder und Evan hatten mich die letzte Etappe gefahren und es war nun an der Zeit „Good Bye“ zu sagen. Was bei mir noch einigermaßen unspektakulär über die Bühne ging war bei anderen Freiwilligen ein Tränenbad. Wir alle standen da, warteten auf den Bus und wussten, dass es nun das Ende von unserer Penang Zeit war. Im Bus lief die ein oder andere Träne nochmals über die Wangen, doch ansonsten war die Busfahrt wie jede andere auch. Auf halber Strecke stießen dann noch die Freiwilligen aus Ipoh dazu, sodass wir zu acht auf dem Weg zum Flughafen waren.

Um 16 Uhr erreichten wir den besagten Ort und hatten noch sieben Stunden Zeit und nichts vor. Doch schon kurz nach dem Aussteigen bemerkte eine Freiwillige, dass sie ihre Kamera im Bus vergessen hatte. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, aber so schnell gaben wir nicht auf. Mit der Buchungsbestätigung in der Hand fragten wir am Counter nach einer Möglichkeit die Kamera wieder zu bekommen. Glücklicherweise würde dieser Bus in ca. zwei Stunden wieder kommen würde. Etwas beruhigter gingen wir in die Abflugshalle, denn es gab ein weiteres Problem. Fast alle Freiwilligen hatten Übergepäck. Was bei den einen nur 600g waren, war bei einem fast fünf Kilogramm. Was macht man in dieser Situation? Der Plan war alles in das Handgepäck zu packen und dass dann eben nicht wiegen zu lassen. Bei eigentlich allen funktionierte diese Methode. Ob wir damit Erfolg haben werden wird sich zeigen. Wir warten nun auf das Boarding und hoffen dass wir morgen pünktlich in Deutschland ankommen. Das war es mit Malaysia.

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2 Kommentare

  1. Karin 22. Juni 2018

    Mit diesem tollen Video wirst du dem Home in guter Erinnerung bleiben.

  2. Tanja 22. Juni 2018

    Wirklich ein tolles Video! Der Abschluss einer unvergesslichen Erfahrung! Und ich bin sicher, Du hast nicht nur mit diesem Video bleibenden Eindruck hinterlassen… Respekt!

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