Nils Blog

Just married

„… Lustig, lustig, trallalalala! Bald ist Nikolausabend da.“ Da war er der 6. Dezember und auch wenn ich glaube, dass niemand den ich aus Malaysia kenne schon jemals von diesem Lied gehört hat, passt der Titel trotzdem zum Tag. Nicht nur froh und munter, nein, ausgelassen sollte dieser Tag werden. Zunächst aber war davon noch nichts zu spüren.
Statt wie üblich zu Hause Reis und Curry zu frühstücken ging es für einen Teil von uns heute auswärts etwas essen.
Mit drei Autos ging es Richtung Kampar zu einem Food hawker. Glücklicherweise wurde mir die Entscheidung was ich essen wollte abgenommen, denn wir steuerten gezielt auf einen Suppenstand zu. Hier kann man entscheiden was man in seine Suppe möchte. Man brockt sich die Suppe sozusagen selbst ein. Da ich nur eine grobe Ahnung hatte was was sein könnte war es bei mir tatsächlich etwas das Spiel mit dem Glück. Zusammen mit dem Getränk der Wahl frühstückten wir unsere persönliche Suppe. Ich hatte ganz gut gewählt obwohl ich immer noch nicht wusste was ich da tatsächlich aß.
Wir waren aber nicht nur zum Frühstück aufgebrochen, sondern hatten noch mehr vor. Das erste Ziel war der Barber Shop. Dort wollten sich einige den Bart trimmen lassen. Scheinbar war der Barbier direkt neben dem hawker jedoch nicht der passende und so fuhren wir weiter nach Kampar. Am Beginn der Stadt erhielt jedoch zuerst eine andere Dienstleistung die Aufmerksamkeit. Es war die Autowaschanlage. Wir reihten uns hinter die Autos und warteten darauf, dass unser Auto gewaschen wurde. In dieser Zeit konnte ich beobachten, dass hier viel mehr Handarbeit in der Waschanlage steckte als es mir von Deutschland bekannt war. Nur der Waschvorgang mit den sich drehenden Lappen war automatisch. Das Einschäumen wie auch das Trocknen mit einem Tuch wurde von Angestellten durchgeführt. Trotzdem war es mindestens genauso günstig wie in Deutschland. Bezahlt wird hier übrigens am Schluss nachdem das Auto sauber ist. Jetzt aber weiter zum Barbier. In Malaysia sind diese relativ leicht an den blau-weiß-roten Säulen (?) zu erkennen. Mitten auf der Hauptstraße hielten wir in zweiter Reihe an und stiegen aus. Ich weiß, dass ich mich wiederhole, wenn ich sage, dass hier alles günstig ist – aber 10 Ringgit (etwas über 2€) für einen Haarschnitt sind wirklich nichts. Doch wie schon gesagt eigentlich war der eigentliche Grund der Bart. Mit einem Rasiermesser wurde sowohl Frisur als auch Bart wieder auf Vordermann gebracht ehe wir weiter zogen. Diese Mal zu einem Optiker, um Kontaktlinsen zu kaufen. Scheinbar zeigt man nicht gerne an solchen Festen, dass man eine Brille benötigt. Es gibt aber auch Fälle, in denen auch ohne Sehschwäche Kontaktlinsen getragen werden. Der Grund dafür ist relativ einfach erklärt. Man möchte aus der Masse an schwarzbraunen Augen herausstechen. Das gelingt bis zu einem gewissen Grad auch auf sehr natürliche Art. Doch gerade wenn die Farbe der Iris heller wird z. B. Blau oder Grün wirkt das auf mich hingekünstelt und auch nicht mehr sehr schön. Glücklicherweise ist sowas ja Geschmacksache. Dhaarshan entschied sich für graue Kontaktlinsen auch wenn diese nicht mehr in seiner Stärke vorrätig waren. Jetzt waren wir eigentlich mit unseren Besorgungen fertig und konnten nach Hause fahren.
Wer hätte erwartet, dass ich nach unserer Ankunft wieder gefragt werde, ob ich etwas essen möchte. Mittlerweile war ich froh wenn möglichst viele Menschen sahen wenn ich aß, damit diese mich später schon nicht fragen würden. Unser Frühstück war erst zwei Stunden her und deswegen mein Hunger auch nicht vorhanden. Es war aber auch nichts mehr zu tun weshalb sich fast alle für einen Mittagsschlaf hinlegten. Der Rest schaute eine indische Serie an und obwohl kein Wort davon verstand schaute ich zu. So ganz klar war mir die Story nicht, aber es war besser als nur herumzusitzen. Erst kurz nach der Tea Time wurde es wieder hektisch. Stichwort: Duschen. Während sich schon fast eine Schlange bildete holte ich meine Jippa aus dem Koffer, um zu klären ob ich diese anziehen könnte oder mir eine leihen müsste. Die Hose meines Dress konnte ich nach kurzer Überprüfung in den Koffer packen. Wir würde alle einen speziellen Sarong anziehen. Mittlerweile kamen auch schon die ersten festlich gekleideten Menschen aus dem jeweiligen Zimmer, das für das Styling der verschiedenen Geschlechter auserkoren war. Nachdem man geduscht hatte verschwand man darin und tauchte erst wieder auf, wenn man fertig zum Ausgehen war. Neben Haarspray war der Raum von Talkpartikeln bestimmt, der wie eine Art Bodylotion wirken soll. Auch ich war irgendwann an der Reihe und nachdem ich geduscht hatte war es Zeit den Sarong anzuziehen. Bei dieser Falttechnik muss man zu zweit sein damit man den Sarong anziehen kann. Das Oberteil der Jippa ist einfacher angezogen und schon war man fertig. Persönlich fand ich die Saris der Frauen schöner als unsere Jippas, aber trotzdem wurde mir jedes Mal gesagt wie schön das an mir aussehen würde. Vielleicht sind damit aber auch einfach die Umstände gemeint, dass ein Weißer ein traditionelles indisches Gewand trägt. Egal. Da die Trauung nicht hier stattfinden würde, stiegen wir ins Auto und führen Richtung Lumut.
Nach gut einer Stund kurz vor der Insel Pankor hielten wir an. Scheinbar waren wir falsch gefahren, denn nach einem U-Turn ging es wieder in fast gleicher Richtung ein Stück zurück. Nach einer weiteren halben Stunde hatten wir dann die Halle erreicht, in der die Trauung stattfand. Ich hatte ja eigentlich gedacht wir würden einen Tempel aufsuchen, aber das war wohl nicht so. Der Tempel war mehr oder weniger ein Pavillon auf der Bühne. Wir trafen ein, als schon die ersten Rituale mit dem Bräutigam durchgeführt wurden. Von Nandhini keine Spur. Mir wurde erklärt, dass die beiden jeweils zuvor schon Rituale ohne einander machen müssen, bevor die eigentliche Hochzeit stattfindet. Kaum war das erklärt wurde es auch schon Zeit für uns nach draußen zu gehen und die Braut hinein zu begleiten. Ein ganzer Tross an Menschen war nun auf dem Weg in die Halle. Stets begleitet von zwei Fotografen und einem Kameramann. Allgemein möchte ich hier kurz erwähnen, wie die Dokumentation von Fotos und Videos Einfluss auf die Hochzeit hatte. Das vierköpfige Team war eigentlich immer zur Stelle, wenn es etwas zu sehen gab. So sah ich manchmal als Zuschauer selbst nicht so genau was vorging, weil eben gute Fotos und Videos Vorrang hatten. Ein bisschen zerstört wurde die Atmosphäre dadurch, dass oftmals die Aktion des Paars gestoppt oder wiederholt werden musste. So wurde alleine die Ankunft der Braut zweimal nachgestellt. Was macht man nicht alles für schöne Aufnahmen. Mir ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass man auch bei Dokumentarfilmen Szenen (nach-)stellen muss, aber ich weiß nicht was ich höher priorisiert hätte. Manchmal ging zumindest für mich der besondere Augenblick in der Wiederholung verloren, aber ich schweife vom eigentlichen Thema ab. Nandhini war nun an der Reihe mit den vorhochzeitlichen Ritualen. Dazu kann ich leider nicht wirklich viel berichten, da ich niemanden zumuten wollte mir die ganze Zeit zu erklären, was genau vor sich geht. Deswegen beobachtete ich eben so gut wie es möglich war und machte auch selbst ein paar Fotos und Videos zur Erinnerung. Nach kurzer Zeit wurde es wieder leerer auf der Bühne. Bald würde die Trauung stattfinden. Doch zuvor zogen sowohl sich sowohl die Trauzeugen wie auch das Hochzeitspaar nochmals um.
Es war endlich soweit. Die traditionelle Musik verstummte und ein indischer Popsong ertönte, der den Einzug von Krishna, dem Bräutigam, ankündigte. Für die Familie der Braut hieß das nun wieder nach draußen zu gehen und die Braut hinein zu begleiten. Doch statt an der Hand des Brautvaters wurde Nandhini auf einer Sänfte in die Halle getragen. Die Trauung konnte starten. Zuerst wurde das Paar um die Stelle geführt an der sie später Platz nehmen würden. Anschließend wurden verschiedene Gegenstände überreicht, die berührt werden mussten oder im Fall von einer Flamme die Hände erst daran und dann in das Gesicht gehalten werden mussten. Es erscheint mir schwer, das hier mit Halbwissen zu beschreiben, aber grundsätzlich würde ich sagen, dass es darum geht etwas zu berühren um dadurch Segen zu erhalten oder bestimmte Substanzen zu verbrennen. Zum Schluss werden dann die Gewänder des Brautpaars zusammengebunden und der „Tempel“ umrundet. Während die ganze Zeremonie lief würde man erwarten, dass es still und andächtig ist. Doch weit gefehlt. Es herrschte wieder Bahnhofsatmosphäre. Nicht nur, dass währenddessen wie bei einem normalen Volksfest miteinander geredet wurde oder prinzipiell jeder mal auf die Bühne gehen konnte, um sich das Spektakel aus der Nähe anzusehen. Nein, nein persönliches Highlight war, dass noch während die Hochzeit stattfand sich schon eine Essenschlange gebildet hatte und sich die Bäuche vollgeschlagen wurden. Ja, ich weiß dass es eine andere Kultur ist, aber ich fand es trotzdem sehr respektlos sich schon Essen zu holen. Man muss aber auch sagen, dass das Hochzeitsessen bzw. die Feier an sich erst morgen stattfinden sollte. Krishna und Nandhini waren also nun offiziell verheiratet. Doch ihnen stand der womöglich schwerste Teil noch bevor. Jetzt wurden Fotos mit den frisch Vermählten gemacht. Jede Familie hatte jetzt die Chance ein Bild mit dem Brautpaar zu machen und so die Erinnerung festzuhalten. Bei über 200 Menschen, die der Veranstaltung auf Facebook zugesagt haben, ist das eine ganze Menge Fotos. Wir nahmen uns zuerst die Zeit etwas zu essen und an der Essensschlange anzustehen, bevor wir auf ein Foto warteten. Nandhini und Krishna dagegen mussten eisern weiter lächeln und auf eine Mahlzeit verzichten.
Als sich die Veranstaltung langsam dem Ende neigte kamen wir nun doch alle auf die Bühne und sorgten dafür dass der Fotograf sich erstmal etwas nach hinten bewegen musste, um alle aufs Bild zu bekommen. Was mich besonders ehrte war, dass ich auch eingeladen wurde Teil des Familienfotos zu sein. Nun war es aber geschafft. Alle Fotos waren geschossen und das Brautpaar konnte endlich essen. Da sie zusammen mit einem Teil der Familie hier bleiben würden, ging ich zusammen mit anderen zum Bus, der extra bestellt war und uns wieder zurück bringen würde. Ehrlich gesagt dachte ich, dass wir länger unterwegs sein würden, aber als nach etwas über einer Stunde der Bus anhielt war ich sehr positiv überrascht. Auch wenn es kurz nach 23 Uhr war, ein kleiner Snack zum Abschluss des Tages durfte nicht fehlen und nachdem alle nacheinander eintrudelten gab es Teh und Donuts.
Wie zuvor schon erwähnt fand am Samstag die eigentliche Feierlichkeit statt. Diese wurden von der Seite der Braut also uns (ich beziehe mich jetzt einfach mal ein) ausgerichtet. Die Tage zuvor hatten wir ja schon den Aufbau der Halle besichtigt und nun waren es noch die letzten Feinheiten, die erledigt werden mussten. Zum Beispiel waren noch Bananenstauden am Eingang anzubringen. Wie zuvor auch schlugen wir wieder aus einem nahe gelegenen Feld eine Staude. Nur musste sie dieses Mal noch zur Halle transportiert werden. Es war ein Bild wie man es hier irgendwie vermuten würde. Auf der Ladefläche des Pickups ragte die Staude mit ihren Blättern während wir zu zweit den Stamm festhielten, damit der Fahrwind die Pflanze wegweht. In der Mittagssonne wurden bei Stauden aufgestellt und festgemacht damit sie für den Abend hielten. Während ich die Sonne und die damit verbundenen Wärme genoss war das bei meiner Gastfamilie nicht so. Nach getaner Arbeit und einem Mittagessen war die Erschöpfung so groß, dass der Mittagsschlaf länger ausfiel.
Ich wollte jedoch viel lieber ein bisschen die Nachbarschaft erkunden. Zusammen mit Jaishiv lief ich am Rand der Palmölplantage entlang. Jaishiv, hatte zu seiner Verteidigung gegen Hunde zwei Stöcke dabei. Ja vor meinem Urlaub hatte ich vergessen, dass es hier ja auch streunende Hunde gab. Zum Glück waren die Hunde die gefährlich bellten an einer Kette und freilaufende Hunde friedfertig. Doch es wurde auch schon wieder Zeit Kehrt zu machen, um nochmals duschen zu können. Im Gegensatz zu Freitag wurden heute dann allerdings modernere Kleidung angezogen. So waren wir dieses Mal auch fast pünktlich bei der Feier.
Nach und nach trudelten auch die Gäste ein. Mein persönliches Highlight waren dabei chinesische Freunde der Familie, die sich extra indische Kleidung gekauft hatten. Alle wurden am Eingang der Halle persönlich von den Brauteltern begrüßt. Wie schon am Abend zuvor sorgte meine Anwesenheit für den ein oder anderen erstaunten Blick. Ich kann mir vorstellen, wie merkwürdig es aus der Sicht eines Fremden sein mag, mich bei der Familie der Braut zu sehen. Persönlich angesprochen wurde ich allerdings seltener. Oftmals wurde über andere Bekannte nachgefragt oder es einfach akzeptiert ohne weiter nachzufragen. Auch dieses Mal wurde die Ankunft des Brautpaars inszeniert auch wenn nicht alles genau nach Plan verlief. Dafür begann nun eine Art Bühnenshow mit Moderator. Es wurden Hochzeitsspiele gespielt, die verdächtig oft etwas mit Tanzen zu tun hatten. War ich froh, dass ich nicht auf die Bühne gerufen wurde. Es zeigte sich jedoch wieder das gleiche Phänomen, das schon gestern zu beobachten war: Wo anfangs noch Aufmerksamkeit herrschte wurde es nach und nach immer leerer, denn das Buffet hatte eröffnet. Auch der Moderator kündigte an, dass man nun das Brautpaar erst etwas essen lassen würde bevor es weiter im Programm ging. Während Nandhini und Krishna sowie deren Eltern das Essen gebracht bekamen, musste sich der Rest in der Schlange anstellen. Ich hatte aber Glück, da sich teilweise Familienmitglieder schon früher angestellt hatten und mir zuwinkten. Ich glaube an dieser kleinen Geste kann man ganz gut erkennen, dass ich doch irgendwie ein Teil der Familie geworden war.
Während wir noch aßen ging die Show weiter und wer hätte es gedacht: Es wurde der beste Tänzer gesucht. Erst waren die Männer und dann die Frauen an der Reihe. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass es auch bei den Einheimischen Menschen gibt, die nicht wirklich vor Publikum tanzen wollen. Nach dem letzten Spiel startete wieder das übliche Prozedere. Alle Familien kamen auf die Bühne und es wurden nach und nach Fotos gemacht. Ganz besonders freute ich mich, als ich gebeten wurde noch ein Einzelfoto mit Nandhini und Krishna zu machen. Diese Ehre wurde tatsächlich nicht so vielen Teil. Während das Brautpaar ebenfalls noch Einzelbilder von sich machen ließ startete unten bereits die Tanzparty. In einer discoähnlichen Atmosphäre hielt es nur wenige auf den Stühlen und es wurde getanzt was das Zeug hält. Ich glaube so ausgelassen geht es bei den wenigsten Feiern ohne Alkohol in Deutschland zu. Trotz der ausgelassenen Stimmung musste um 23 Uhr die Musik verstummen. Ich vermute es liegt an dem Lärmschutz, aber genau sagen kann ich es nicht. Deswegen fuhren wir also zurück und die Hochzeit war zumindest offiziell nun beendet.

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