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Neuausrichtung

Schon wieder ist ein Monat seit der Halbzeit vorbei und so langsam realisiert man, dass sich der Aufenthalt hier langsam aber doch stetig dem Ende zu neigt. Damit verbunden ist für mich die Frage: „Was kann ich hier nachhaltig bewirken, sodass ich nicht in Vergessenheit gerate?“ Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Da ich im Home schon Freiwilliger Nr. 11 von AFS bin werde ich wohl oder übel mich nach meiner Abreise in diese Folge einreihen. Doch mein Anspruch ist es, wenigstens etwas zu hinterlassen, wovon man den zukünftigen Freiwilligen noch erzählt. Meine Ideen, die ich schon letztes Jahr auf dem Post Arrival Camp formuliert hatte sind nicht in Vergessenheit geraten, aber aufgrund aktueller Feste und Planungen ist mein Alltag verändert. Das liegt mitunter auch daran, dass seit Ende Januar neue Freiwillige in Malaysia angekommen sind und ich mir jetzt mit Wei ein Zimmer teile. Meine Aufgabe als senior volunteer ist es ihm alles zu zeigen und die Arbeit zu zeigen. Diesen Umständen liegt zugrunde warum ich mich manchmal wie nach einem Neustart fühle. Ich bin im Nachhinein sehr froh, dass mir das nicht gezeigt wurde und ich mir meinen eigen Stil erarbeiten musste. Klar ist es schön noch eine weitere Person zu haben, mit der man sich auf Deutsch unterhalten kann, doch für mich war dieser erste Monat ohne jemanden sehr gut. Sehr leicht verfällt man in den gleichen Trott und wendet das System der Vorgänger an, wenn man es so vorgelebt bekommt. Da ich aber auf mich allein gestellt habe, änderte sich auch das Verhalten im Home. Vermutlich. Während ich damals sicherheitshalber noch Felix oder die Bewohner fragte, wie es denn vorher war, bin ich jetzt der festen Überzeugung dass etwas Abwechslung nicht verkehrt ist. So sind wir jetzt also zwei Deutsche in dem Projekt. Es ist manchmal ganz interessant zu sehen, wie Wei die neue Umgebung sieht und sich einlebt, da ich wahrscheinlich am Anfang auch ein anderes Verhaltensmuster wie jetzt an den Tag gelegt habe. Doch gleichzeitig sehe ich auch, dass ich nur einer von vielen bin. Das klingt sehr negativ, aber wenn man eben der einzige Europäer in dem Projekt ist fühlt man sich schon teilweise besonders und vergisst den Fakt, dass es schon andere vor einem gab und auch weitere Freiwillige kommen. Mit dieser Haltung driftet man recht schnell in Richtung Nihilismus. Doch manchmal erzeugt zu viel Nachdenken Probleme wo keine sind. Ich würde behaupten, dass es noch keinen Tag gab, an dem ich meine Entscheidung hier zu sein bereut habe. Es gab auch vereinzelt die Frage aus Deutschland und auch von hier, ob ich mir es vorstellen könnte in Malaysia zu leben. Die Antwort darauf? Tja, das lasse ich an dieser Stelle mal offen, aber auch so etwas regt zum Überdenken der eigenen Position an.

Was will ich noch machen? Was möchte ich noch von Südostasien sehen? Eigentlich sollte man meinen, dass das schon längst klar ist, doch ich bin wohl das perfekte Beispiel für Prokrastination. Vielleicht liegt es aber auch einfach an der Tatsache, dass ich mich bei meiner Arbeit sehr wohl fühle und das Leben des Freiwilligen genieße. Doch wie eingangs schon erwähnt wird einem immer mehr bewusst wie die Zeit einem wie Sand durch die Hände rieselt. Die Frage, was ich nach meinem Freiwilligendienst machen werde ist glücklicherweise schon geklärt. Damit bin ich einigen Freiwilligen von hier voraus und habe dadurch etwas weniger „Druck“. Doch natürlich resultieren aus so einer Entscheidung weitere Fragen, die beantwortet werden wollen. Denn trotz der Entscheidung schwingt immer die Frage mit, ob es wirklich das richtige für einen ist. Eigentlich sollte man sich in Malaysia keine darüber machen, aber da ich hier ja auch schon Online Tests und Video-Bewerbungsgespräche hatte, ist das schon bekannt und akzeptiert. Witzig ist auch die Tatsache, dass ich mittlerweile Teil einer Urlaubsplanung nach Juni bin, obwohl ich es noch nicht mal geschafft habe meine Urlaubstage hier einzuteilen.

Kommen wir also zu Plänen für meine verbleibenden Monate. Ich möchte auf jeden Fall mein, immer noch sehr babyhaftes, Bahasa Melayu etwas verbessern und auch Georgetown wieder neu mit den Freiwilligen erleben. Meine Pläne für einen nachhaltigen Eindruck werden wahrscheinlich noch ein bisschen ruhen müssen, aber zumindest ein Projekt von mir befindet sich in der Endphase. Somit gibt wenigstens etwas positives was diesen, wahrscheinlich sehr negativ wirkenden, Beitrag schmückt. Eine Neuausrichtung ist immer möglich wenn man sie will. Seinen inneren Kompass neu zu kalibrieren schafft neue Möglichkeiten. Ich weiß nicht genau wie ich die letzten Tage oder Wochen beschreiben soll, aber in irgendeiner Weise ist der Alltagstrott des 9to5 Jobs wieder etwas lebendiger. Sicher ist es falsch jetzt schon mit dem Jahr abzuschließen, aber der Gedanke daran motiviert einen immer auch die Zeit auszunutzen und diese Möglichkeit, die ich bekommen habe, wertzuschätzen. Deswegen freue ich mich immer noch genauso wie am ersten Tag über ein Lächeln oder ein kleines „Danke“. Auch dieser Teil gehört für mich zu einer Art Ausrichtung. Denn manchmal erwische ich mich selbst wie ich mich während meiner Arbeit in meine Menschen gegenüber hineinversetzen zu versuche oder in der Freizeit Gedanken über Bewohner in meinem Kopf kreisen. Es ist nicht so, dass das neu wäre aber ich nehme es wohl bewusster wahr. Ich finde es unglaublich schwer etwas zu beschreiben, was ich noch nicht einmal für mich selbst genau definieren kann, aber ich denke nicht nur zu Neujahr kann man sich Vorsätze nehmen und eine Veränderung heraufbeschwören. Wenn man wirklich bereit ist sich zu verändern und sich auf neues einzulassen kann man das jederzeit. Ich möchte meinen Beitrag enden mit einem Postkartenspruch, den ich hierher geschickt bekommen habe. Zwischen dem Träumen und dem Tun von Dingen liegt nur ein kleines Wort: Mut.

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1 Kommentar

  1. Iris 11. Februar 2018

    Ich finde du hast bereits etwas nachhaltiges hinterlassen. Zum einen dein Lied das du mit den Bewohnern gemacht hast, zum Anderen hast du eine Beziehung zu den Bewohnern aufgebaut und das ist immer etwas besonderes. Diese Bezihung ist bei jedem Freiwilligen anders und daher auch für die Bewohner etwas einzigartiges.

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