Nils Blog

Glauben

Ostersonntag. Für Millionen von Christen ein wichtiger Feiertag, auch für diejenigen, die darin vielleicht nur den freien Ostermontag sehen. Ungeachtet dessen möchte ich heute aber über Glaube und Religion schreiben und da bietet Ostern einen guten Anlass. Dieses Thema kommt jedoch nicht erst durch einen christlichen Feiertag in meinen Sinn. Schon relativ früh nach meiner Ankunft beschäftigte mich dieses Thema.

Die Staatsreligion in Malaysia ist der Islam und auch auf der Insel Pulau Pinang sind über 40% der Menschen Muslime. Das bedeutet ich erlebe es erstmalig wie es ist in der Minderheit zu sein, zumindest theoretisch. Bisher hatte ich noch keine negativen Erfahrungen durch Glaubensunterschiede. Die Vielfalt der Religionen ist hier gut zu sehen und durchaus spürbar. Als ich auf den Philippinen war (dort sind die meisten Menschen katholisch), fehlte mir diese Vielfalt etwas.

In den ersten Wochen nach unserer Ankunft besichtigten wir die Floating Mosque von Penang. Diese Moschee ist auf Stelzen ins Wasser gebaut und ein kleiner Geheimtipp. Besonders schön war die Tatsache, dass wir auch in die Moschee eintreten durften und dort sogar (Kopf-) Tücher bereitgestellt wurden, falls man nicht entsprechend gekleidet war. Das war mein zweites Mal in einer Moschee und das erste Mal außerhalb von Deutschland. Auch wenn es nicht sehr viel innen zu sehen gibt, sind die Verzierungen an den Wänden doch sehr sehenswert und der Blick auf das Meer ist auch sehr ungewöhnlich für eine Moschee. Ich habe leider noch keine Möglichkeit gehabt, einem muslimischen Gottesdienst oder Gebet beizuwohnen, aber vielleicht ergibt sich das irgendwann auch einmal.

Kurz darauf war ich dann das erste Mal so richtig in einem hinduistischen Tempel. Zusammen mit meinem Projekt wurden wir eingeladen eine Zeremonie mitzuerleben. Auch wenn ich bis heute nicht genau weiß was gefeiert wurde war es für mich interessant zu sehen, wie andere Religionen den Gottesdienst gestalten. An Deepavali wurde mir auch ein bisschen besser die polytheistische Welt des Hindusmus erklärt. Meine indische Gastfamilie gab mir die Möglichkeit an dem besonderen Tag mit in den Tempel zu kommen, um so auch gesegnet zu werden. Zusammen mit Gläubigen in dem Tempel zu sein, bedeutet auch viel näher zu erfahren was genau passiert. Darauf komme ich aber später noch einmal zurück. Das Besonderste was ich wohl erlebt habe, war die Einladung des Cheshire Homes zu einer hinduistischen Hochzeit. Es waren so viele Menschen, die sehen wollten wie das Brautpaar heiratet, dass wir weder Braut noch Bräutigam zu Gesicht bekamen. Das einzige was wir sahen war das Essen, welches uns serviert wurde. Ich sollte aber später nochmal die Möglichkeit bekommen auf einer anderen Hochzeitsfeier wenigstens die After-Show-Party mitzuerleben. Grundsätzlich glaube ich, dass wir am meisten von Hindus eingeladen wurden, um an Gottesdiensten teilzunehmen, aber auch Feste wie Thaipusam waren Grund dafür, dass ich bisher am meisten von dieser Religion mitbekommen habe.

Ein buddhistischer Gottesdienst war lange Zeit nicht in Sicht. Das lag aber auch sicher daran, dass wir als Freiwillige nicht unbedingt Ausschau nach solchen Events gehalten haben. Am Abend vor Chinese New Year hatten wir dann aber doch die Gelegenheit zu sehen, wie buddhistische Mönche beten und einen Gottesdienst feiern. Wie auch beim Hinduismus war für mich nicht ganz verständlich welche Elemente in den Gottesdienst gehören und ob dieser exemplarisch für einen ganz normalen ist, aber allein die Erfahrung war wichtig.

Doch was bringen einem nun die ganzen gesammelten Erfahrungen? Meistens habe ich nicht den genauen Hintergrund verstanden, warum jetzt ein bestimmtes Fest gefeiert wird oder wieso manche Bräuche eben anders sind. Manchmal habe ich mich dann dabei ertappt etwas zu schmunzeln, wenn ich die Erzählungen, die hinter den Festen stehen, erfahren habe. Auch mit Google lässt sich das fehlende Wissen aneignen, aber das ist nicht nur auf fremde Religionen bezogen. Ich bin mir sicher, dass ganz viele Christen nicht wissen, warum es beispielsweise Frauen gestattet ist eine Kopfbedeckung in der Kirche zu tragen und Männern nicht. Das ist nur ein Beispiel was zeigt, wie wenig Gedanken alt bewährte Dinge hervorrufen. Rational gesehen feiern wir am heutigen Tag, dass ein Mann vor ungefähr 2000 Jahren nicht mehr in dem Grab lag, in dem er liegen sollte. Auch wenn das jetzt vielleicht etwas hart klingen mag, aber so könnte die Sichtweise von Menschen mit anderen Religionen sein. Als Außenstehender ist die Perspektive anders, aber genau deswegen sollte man Verständnis statt Belustigung an den Tag legen.

Erstaunlicherweise gibt es in meinem Projekt überdurchschnittlich viele Christen. Wenn der Anteil an Christen in Penang bei nur knapp 5% liegt, so trifft das auf unser Projekt nicht zu. Das bedeutet aber für mich auch, dass Themen wie Fastenzeit nicht erklärt werden mussten und ich heute auch an einem Ostergottesdienst in Tamil teilnehmen konnte. Generell muss ich auch sagen, dass ich bisher nur einmal Glockengeläute vernehmen konnte. Der Grund dafür ist eben, dass es hier keine Kirchen gibt, wie man sie von Deutschland kennt. Oft ist der Gottesdienst in einem unscheinbaren Haus oder Raum und damit überhaupt nicht so wie in Deutschland. Damit fehlen Kirchen noch in dem vielfältigen Stadtbild von Georgetown. auf den Philippinen gibt es zwar viele Kirchen, aber irgendwie vermisste ich doch andere Gotteshäuser, da sie mittlerweile für mich ein fester Bestandteil von Malaysia sind. Mir gefällt die Szenerie aus bunten hinduistischen Tempeln, großen Moscheen und buddhistischen Tempeln sehr und es scheint auch so, als würde die Vielzahl an Religionen kein Konfliktpunkt sein. Einzig bei den Muezzinrufen wurde mir gesagt, dass es für Andersgläubige manchmal nervenaufreibend sein kann, wenn der Imam durch die Lautsprecher spricht. Da aber in meinem Projekt bis auf zwei Bewohner keine Muslime zu finden sind, ist die Staatsreligion von Malaysia mit all ihren sonstigen Problematiken nicht sehr präsent für mich. Auch wenn im säkularen Deutschland Glaube und Religion eine immer schwächer werdende Rolle spielen mögen, hier erlebe ich das Gegenteil. Selbst wenn Menschen gar nichts mehr haben oder im Leben schwere Rückschläge erleiden mussten stehen sie aufrichtig zu ihrer Religion. Ob das richtig oder falsch ist mag jeder für sich selbst entscheiden, aber es gibt dieses Sprichwort, dass der Glaube Berge versetzen kann und vielleicht ändert er die Welt eines Menschen, wenn er es zulässt.

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